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Mobile Palliative Care – Entwicklung und Evaluation eines sensorbasierten Monitoringsystems zur Begleitung von Menschen am Lebensende und zur Entlastung von Angehörigen in der häuslichen Pflege – BREF 2016 «Soziale Innovation»

Redaktion

Für den Inhalt der Angaben zeichnet die Projektleitung verantwortlich.

Kooperation

Dieses Projekt ist einer der sechs Gewinner der Jahresausschreibung 2016 «BREF – Brückenschläge mit Erfolg» – ein Kooperationsprogramm von Gebert Rüf Stiftung und swissuniversities. Projektpartner: Palliative Brückendienst der Krebsliga Ostschweiz; Spitexverein RehaEx; IPM Institut für Informations- und Prozessmanagement; IPW Institut für Angewandte Pflegewissenschaft an der OST Ostschweizer Fachhochschule; Institut für Pflege an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Projektdaten

  • Projekt-Nr: GRS-050/16 
  • Förderbeitrag: CHF 300'000 
  • Bewilligung: 02.11.2016 
  • Dauer: 07.2017 - 12.2020 
  • Handlungsfeld:  BREF – Soziale Innovationen, 2011 - 2017

Projektleitung

Projektbeschreibung

Die meisten Menschen möchten ihr Lebensende Zuhause verbringen, trotzdem verstirbt in der Schweiz die Mehrheit in Spitälern oder Pflegeheimen. Angehörige stellen dabei eine bedeutende, aber vulnerable Ressource in der Betreuung von sterbenden Menschen dar. Sie ermöglichen, dass die Betroffenen am Lebensende so lange wie möglich im eigenen häuslichen Umfeld verbleiben können. Krisen und ungeplante Spitaleinweisungen kommen im häuslichen Umfeld häufig in Zusammenhang mit der zunehmenden Symptomlast der Patientinnen und Patienten sowie der Belastung der Angehörigen vor. Solche Symptom- und Situationskrisen können sich unbemerkt entwickeln, und erst wenn es zu spät ist, wird professionelle Hilfe bezogen. Tragbare, nicht-invasive Sensoren (Wearables) bieten die Möglichkeit, Vitalparameter, wie Puls oder Atmung, sowie physische Aktivität kontinuierlich zu überwachen und Symptomverschlechterungen aufzuzeichnen. Sie haben das Potenzial durch die rechtzeitige Bereitstellung dieser Informationen an Gesundheitsfachpersonen Krisen im häuslichen Bereich früh genug zu erkennen und so zu vermeiden.
Das Projekt Mobile Palliative Care hatte zum Ziel die Symptombelastung von Menschen mit Palliativpflegebedarf, die zu Hause betreut werden, zu untersuchen und die Entwicklung von Krisen in der häuslichen Pflege zu verstehen. Damit wurde die Grundlage für die Entwicklung eines sensorbasiertes Monitoringsystems zur Früherkennung und Prävention häuslicher Krisen geschaffen.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Das interdisziplinäre Projekt verfolgte erstmalig den Ansatz, subjektive Symptomdaten mit objektiven Gesundheitsparametern zu vergleichen. Das Festhalten der subjektiven Daten in einem Symptomtagebuch erfolgte durch die Patientinnen und Patienten sowie durch deren Angehörige. Dieses Vorgehen ist insbesondere für häusliche palliative Situationen mit entsprechenden wechselseitigen Belastungen zielführend, hat jedoch in der Forschung bis jetzt kaum Anwendung gefunden. Die objektiven Gesundheitsparameter wurden mittels nicht-invasiver Sensoren aufgezeichnet. Ausgehend von dem Vergleich dieser beiden Datenquellen wurden Zusammenhänge und Symptommuster identifiziert, die bei der Weiterentwicklung eines sensorbasierten Monitoringsystems von zentraler Bedeutung sein werden.

Stand/Resultate

Zu Beginn des Projekts wurde das Monitoringsystem gemeinsam mit Fachpersonen der Palliative Care sowie dem multiprofessionellen Team entwickelt und im Rahmen eines "Living Labs" getestet. In einem nächsten Schritt folgten die ethische Abklärung und die Implementierung des Systems in der häuslichen Palliative Care sowie die Auswertung der Symptom- und Belastungszusammenhänge aus objektiven und subjektiven Daten. Dabei wurde zunächst aus den subjektiven Daten deutlich, dass das belastendste Symptom der Patientinnen und Patienten Schmerzen waren. Die meisten Patientinnen und Patienten litten unter mehreren Symptomen gleichzeitig. Angst wies beispielsweise einen statistisch signifikanten Zusammenhang mit Schmerzen auf sowie mit Atemnot. Die Belastung und Unsicherheit der Angehörigen hatten einen statistisch signifikanten Zusammenhang mit der Symptomlast der Patientinnen und Patienten. Im Vergleich der objektiven Sensordaten mit den subjektiven Tagebuchdaten zeigte sich, dass der Puls einen wichtigen und robusten Parameter darstellte, um Symptomspitzen, wie Schmerz, Angst oder Übelkeit anzudeuten. Eine geringere Herzratenvariabilität (HRV) in Zusammenhang mit den Symptomen Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schwäche und Angst wies auf eine Belastung des Organismus hin. Der erhöhte Parameter der physischen Aktivität deutete u.a. in Zusammenhang mit Übelkeit oder Angst auf Stress und Unruhe hin. Gewisse Parameter, wie Pulsrate, HRV oder physische Aktivität spielten auch eine Rolle darin Symptomspitzen (Schmerz und Atemnot) frühzeitig anzudeuten.
In den Interviews mit Fachpersonen sowie mit Nutzerinnen und Nutzern des Monitoringsystems wurde der Impact des Systems evaluiert. Die Resultate unterstreichen, dass der zentrale Mehrwert des Systems in der Entlastung der Angehörigen und in der Vermeidung von (Re-)Hospitalisierungen gesehen wird. Dabei zeigte sich, dass das System bereits bei der Transition vom Spital in die Häuslichkeit aufgegleist werden sollte, um frühzeitig in diesem neuen Umfeld stabilisierend zu wirken. Aus der Betroffenen-Perspektive wurde das vermittelte Sicherheitsgefühl durch das System als zentral erachtet, besonders für Alleinstehende: «Ich habe oft das Gefühl ich habe Atemnot, aber dann ist die Sättigung gut. Da ist viel Psyche mit drin. Es ist beruhigend.» (Patientin, weiblich, 66 Jahre). Wichtig war für die Befragten auch, das Sensorsystem nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit einzusetzen, sondern nur dann, wenn es sinnvoll und zielführend ist, bspw. wenn sich instabile und komplexe Phasen einstellen, die durch Unsicherheit und Gefühle des Kontrollverlustes gekennzeichnet sind.
Abschliessend erfolgte die Erstellung einer Kosten-Nutzen-Analyse des Monitoringsystems und die Entwicklung eines interdisziplinären Rollenkonzepts als mögliches Szenario zur Verankerung des Systems in der häuslichen Palliative Care Praxis.
Ein gemeinsamer Workshop mit Fachpersonen aus der mobilen Palliative Care Praxis fand Ende September statt, um Folgeprojekte für die häusliche Palliative Care aufzugleisen. Folgeprojekte sind entstanden mit Fokus auf häusliche Krisen aus der Perspektive der Angehörigen als auch der Professionellen sowie auf digitale Hilfsmittel im häuslichen Setting. Die weitere Dissemination der primären Ergebnisse ist noch im Gange. Nähere Informationen über die Umsetzung finden Sie in unseren Publikationen (siehe unten).

Publikationen

Fringer, A., Arrer, E., Maier, E., Schnepp, W. & Ulmer, T. (2019). Development of an Early Warning System to Prevent Crises in the Palliative Home Care Setting of Patients and Their Informal Caregivers: Protocol for a Mixed Method Study 8 (11), e13933. DOI: 10.2196/1393;
Arrer, E. & Fringer, A. (2020). Entwicklung eines Monitoringsystems in der häuslichen Palliative Care zur Krisenvermeidung. palliative ch. 2/4-2020

Medienecho

Mobile Palliative Care – News
Dank Daten Krisen Frühzeitig Erkennen, Fringer, A. & Arrer, E. (2020) . Vitamin G. 8/10-2020

Links

Am Projekt beteiligte Personen

Projektleitung
Prof. Dr. André Fringer, MScN (RN), Institut für Pflege, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Stellvertretende Projektleitung
Prof. Dr. habil. Ulrich Reimer, IPM Institut für Informations- und Prozessmanagement, OST Ostschweizer Fachhochschule
Projektmitarbeitende
Eleonore Arrer, MSc, IPW Institut für Angewandte Pflegewissenschaft, OST Ostschweizer Fachhochschule
Mag. (FH) Tom Ulmer, IPM Institut für Informations- und Prozessmanagement, OST Ostschweizer Fachhochschule
Prof. Dr. Edith Maier, IPM Institut für Informations- und Prozessmanagement, OST Ostschweizer Fachhochschule
Praxispartner:
Renate Praxmarer, MSc in Palliative Care, Palliativer Brückendienst
Angelina Horber, CAS in spezialisierter Palliative Care, Verein RehaEx

Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung  11.01.2021