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Unterstützung pflegender und betreuender Angehöriger älterer Menschen – BREF 2013

Redaktion

Für den Inhalt der Angaben zeichnet die Projektleitung verantwortlich.

Kooperation

Dieses Projekt ist einer der fünf Gewinner der Jahresausschreibung 2013 «BREF – Brückenschläge mit Erfolg» – ein Kooperationsprogramm von Gebert Rüf Stiftung und Rektorenkonferenz der Fachhochschulen der Schweiz – KFH. Projektpartner: Fachhochschule St. Gallen; die Städte Chur, Schaffhausen und St. Gallen; rund 50 Organisationen im Bereich Alter in den Regionen Chur, Schaffhausen und St. Gallen

Projektdaten

  • Projekt-Nr: GRS-054/13 
  • Förderbeitrag: CHF 297'000 
  • Bewilligung: 30.10.2013 
  • Dauer: 03.2014 - 09.2016 
  • Handlungsfeld:  BREF – Soziale Innovationen, 2011 - 2017

Projektleitung

Projektbeschreibung

Der demographische Wandel führt zu einem grösseren Anteil älterer Menschen in unserer Gesellschaft. Die politische Ausrichtung in Bezug auf das Wohnen und Leben im Alter nimmt die heutigen Bedürfnisse ernst und verfolgt vermehrt die Strategie «ambulant und stationär».

Rund 64 Mio. Stunden werden von Angehörigen in der häuslichen Pflege und Betreuung jährlich geleistet. Würden sie dafür bezahlt, müsste unsere Gesellschaft 3.5 Mia Franken aufbringen. Angehörige helfen aber auch den Wunsch vieler älterer Menschen zu erfüllen, welche möglichst lange im vertrauten Zuhause bleiben möchten. Ihre wirtschaftliche und soziale Leistung verdient es, weit besser wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden.

Angehörige brauchen jedoch nicht nur Anerkennung, sondern günstige Rahmenbedingungen und Unterstützung, damit sie ihr Engagement wenn nötig auch über längere Zeit erbringen können. Warum aber brechen manche unter der Last zusammen, obwohl es Unterstützungsangebote gibt? Was hält andere davon ab, sich auf die Betreuung ihnen nahe stehender Personen einzulassen?

Das Projekt zeigt auf, welche Handlungsoptionen in einer Gemeinde oder Region die Ressourcen der Angehörigen am besten unterstützen und nachhaltig sichern können. Dazu werden sowohl Anpassungen der Rahmenbedingungen als auch Dienstleistungen verschiedener Anbieter koordiniert und auf unterschiedliche Pflege- und Betreuungsarrangements abgestimmt.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Erstmals wurde ein systemdynamisches generisches Fallmodell entwickelt, das komplexe Wirkungszusammenhänge in Pflegearrangements mit Angehörigen abbildet und erklärt. Auf dem Fallmodell basierende Computersimulationen ermöglichen die Beschreibung von vier grundlegenden Verhaltenstypen der Pflegearrangements über die Zeit. Damit gelingt es, anhand einer überschaubaren Zahl veränderbarer Parameter geeignete oder auch ungünstige Interventionen und deren Zeitpunkte spezifisch für die unterschiedlichen Verhaltenstypen zu identifizieren. Die Simulationen wurden u.a. anhand von Rekonstruktionen mehrerer realer Verläufe, die in Interviews mit Angehörigen gewonnen wurden, validiert.

Systemdynamische Modellierung und Simulation ist eine in der Forschung im Bereich der Pflegewissenschaft und der Sozialen Arbeit bisher noch kaum eingesetzte Methodik. Im Projekt wurde sie eng gekoppelt mit einem zeitgemässen Sozialplanungsprozess (beteiligungs-, sozialraum-, netzwerkorientiert). Wir sprechen von der Koppelung eines zyklischen Verfahrens in der «realen Welt» mit einem in der «virtuellen Welt». Dies erlaubt, in der «virtuellen Welt» Experimente durchzuführen, die in der «realen Welt» nicht möglich oder deren Ergebnisse erst nach langer Zeit sichtbar wären. Die gemeinsame Modellerarbeitung mit Akteuren der «realen Welt» sichert eine hohe Akzeptanz und praktische Anwendbarkeit der Simulationsergebnisse.

Die hier erprobte Methodik lässt sich auch auf andere Themenbereiche als pflegende und etreuende Angehörige übertragen.

Stand/Resultate

Auf dem Fallmodell basierende Computersimulationen ermöglichen die Beschreibung von vier grundlegenden Verhaltenstypen der Pflegearrangements über die Zeit. Sie werden mit «selbstregulierend, kritisch, resilient, distanziert» bezeichnet (vergl. Erklärungsvideo auf Youtube). Mit der Typologie gelingt es, anhand einer überschaubaren Zahl veränderbarer Parameter geeignete oder auch ungünstige Interventionen und deren Zeitpunkte spezifisch für die unterschiedlichen Verhaltenstypen zu identifizieren. Die Simulationen wurden u.a. anhand von Rekonstruktionen mehrerer realer Verläufe, die in Interviews mit Angehörigen gewonnen wurden, validiert. Insgesamt wurden mit 18 pflegenden und betreuenden Angehörigen je zwei Interviews geführt. Die rekonstruierten Verläufe liessen sich den vier Verhaltenstypen bzw. Zwischenformen zuordnen.

In den Städten Chur, Schaffhausen und St. Gallen wurde mit den zuständigen Ämtern und den Organisationen im Altersbereich eine Erhebung der Angebote, Angebotslücken sowie Kooperationsverhältnisse der Dienstleister durchgeführt. In einem gemeinsamen Entwicklungsprozess wurden jene Massnahmen identifiziert, die am jeweiligen Ort Angehörige am besten unterstützen können. Mit Hilfe der Simulationsergebnisse konnten die vorgeschlagenen Massnahmenauf erwünschte und unerwünschte Wirkungen untersucht werden. Daraus wurden Eckpunkte für eine Strategie zugunsten pflegender und betreuender Angehöriger formuliert. Dabei werden Massnahmen mit besonders erwünschten Wirkungen auf bestimmte Systemverhaltenstypen priorisiert und weitere vorgeschlagen, um weniger erwünschte Wirkungen auf andere zu kompensieren.

Als weiteres Ergebnis liegt eine Berechnung der Anzahl Arrangements mit pflegenden und betreuenden Angehörigen für jede der drei Partnerstädte auf Basis vorhandener Daten vor. Diese erlaubt, Massnahmen im Rahmen der Strategie quantitativ besser einschätzen zu können.

Besuchstermin Schule – Projektwerkstatt: Im Rahmen dieses Projektes durfte am 28. Januar 2016 eine Schulklasse der Kanti Heerbrugg einen Nachmittag an der Fachhoschule verbringen.

Publikationen

Medienecho

12.11.2013, St. Galler Tagblatt, «Projekte der Fachhochschule ausgezeichnet»
23.09.2015, St.Galler Tagblatt «Hilfe annehmen ist keine Schwäche»
30.09.2015, Rheintalische Volkszeitung: «Hilfe annehmen ist keine Schwäche»
01.12.2015, Kommunalmagazin: «Pflegende Angehörige sind eine wichtige Ressource»
11.02.2016, Appenzeller Volksfreund: «Kulturwandel zeichnet sich ab»
16.04.2016, Zürcher Unterländer: «Altersfragen vielfältig angehen»
07.06.2016, Fachzeitschrift Curaviva: «Angehörigenpflege und -betreuung wirksam unterstützen»

Links

Am Projekt beteiligte Personen

Prof. Martin Müller , Projektleiter, FHS St. Gallen, Co-Leiter, Institut für Soziale Arbeit
Prof. Dr. rer. medic. André Fringer, MScN, FHS St. Gallen, Institut für Pflegewissenschaften (IPW-FHS), FHS St.Gallen
Alexander Scheidegger, Msc, ing. math. dipl. EPFL, Institut für Modellbildung und Simulation (IMS-FHS), FHS St. Gallen
Adrian Schmid, BSC of Engineering FHNW, BA of Engineering DHBW, Institut für Modellbildung und Simulation (IMS-FHS), FHS St.Gallen
Nicole Lieberherr, BA, Institut für Soziale Arbeit (IFSA-FHS), FHS St.Gallen
Dr. Markus Leser, Curaviva Schweiz.

Karolina Staniszewski, Amt für Gesellschaftsfragen, Fachspezialistin Alter, Behinderung, Stadt St. Gallen
Katja Meierhans Steiner, Amt für Gesellschaftsfragen, Leiterin Abteilung Grundlagen, Kontrakte, Projekte, St.Gallen
Enrico Stehr, Soziale Dienste, Leiter Fachstelle Alter, Chur
Martina Gredig, Soziale Dienste, Fachstelle Alter, Chur
Monica Studer, Bereichsleiterin Betreuung, Stadt Schaffhausen
Doris Isenschmid, Spitexregion Schaffhausen, Leitung zentrale Fachdienste

Braun Andreas, Master of Arts in Economics, Instituts für Modellbildung und Simulation (IMS-FHS), Hochschule für Angewandte Wissenschaften (bis 31.5.2014)
Brettenhofer Marlene, MPH, Interdisziplinäres Kompetenzzentrum Alter, FHS St.Gallen (bis 31.8.2015)
Kuchen Sonya, Dipl. Ing. ETH, Institut für Soziale Arbeit (IFSA-FHS), Hochschule für Ange-wandte Wissenschaften (bis 31.5.2015)
Loher Marcel, Prof. Dr. sc.nat. ETH, Institutsleiter des Instituts für Modellbildung und Simulation (IMS-FHS), FHS St.Gallen (bis 31.5.2016)
Tarnutzer Silvan, lic.phil., Interdisziplinäres Kompetenzzentrum Alter (IKOA_FHS), FHS St.Gallen (bis 31.10.2015)
Thoma, Monica, BA, Interdisziplinäres Kompetenzzentrum Alter (IKOA_FHS), FHS St.Gallen (bis 28.2.2016)
Otto Ulrich, Prof. Dr. habil., Institut für Soziale Arbeit (IFSA-FHS), Leiter Kompetenzzentrum Generationen (CCG), Hochschule für Angewandte Wissenschaften (bis 31.7.2014)

Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung  18.11.2020